Elterngeld für Zwillinge

Am 27. Juni 2013 entschied das Bundessozialgericht in Kassel, dass für jedes Kind einer Mehrlingsgeburt ein eigenständiger Anspruch auf Elterngeld besteht.

Bitte beachten Sie: Der "doppelte Elterngeldanspruch" für Mehrlingseltern wurde mit der Einführung des Elterngeld Plus am 01.01.2015 abgeschafft. Eltern, deren Mehrlingskinder bis einschließlich 31.12.2014 geboren wurden, profitieren noch vom Urteil aus Karlsruhe.

Die Richter hatten den im Sommer 2013 klagenden Eltern Recht gegeben, da das Elterngeldgesetz hinsichtlich des Anspruchs bei Mehrlingsgeburten unklar formuliert sei. Diese überfällige Konkretisierung habe man zusammen mit der Einführung des Elterngeld Plus vorgenommen.

Begründung des Gesetzgebers: Das Elterngeld ist eine Einkommensersatzleistung. Durch die Geburt von mehr als einem Kind gehe dem antragstellenden Elternteil aber nicht automatisch auch mehr Erwerbseinkommen verloren. Insofern müsse das Einkommen auch nicht mehrfach ersetzt werden. Den zusätzlichen Mehrbedarf, der tatsächlich durch eine Mehrlingsgeburt anfalle, fange der Mehrlingszuschlag auf.

Hintergund zum Zwillings-Urteil des Bundessozialgerichts vom 27.06.2013

Geklagt hatten Eltern von Zwillingen aus Bayern, die sich die Erziehungsarbeit für ihre Zwillinge teilen und zeitgleich zu Hause bleiben wollten. Der Anspruch auf Elterngeld gelte grundsätzlich für das jeweilige Kind, so die Richter. Für Mehrlinge gelte insofern nichts anderes.

Bis dato erhielten Eltern von Mehrlingen nur für das ältere Kind auch Elterngeld aus Erwerbseinkommen. Für das weitere Kind (den Mehrling) wurde ein Zuschlag zum Elterngeld in Höhe von 300 Euro pro Bezugsmonat gewährt.

Nun entschieden die Richter, dass durch den Mehrlingszuschlag der Elterngeldanspruch des zweiten Elternteils für das jeweils andere Kind nicht verdrängt werde. Stattdessen stehe dieser Zuschlag sogar beiden antragstellenden Elternteilen nebeneinander zu.

Eltern, die vor der Geburt ihrer Zwillinge bzw. Mehrlinge erwerbstätig waren, können also für jedes ihrer vor dem 01.01.2015 geborenen Mehrlingskinder Elterngeld auf Grundlage ihres bisherigen Einkommes zzgl. Mehrlingsbonus erhalten. Eltern ohne eigenes Einkommen erhalten entsprechend für jedes ihrer Kinder aus einer Mehrlingsgeburt den Mindestbetrag zzgl. Mehrlingsbonus.

Durch die falsche Auswahl Ihrer Bezugsmonate können Sie viel Geld verschenken! Lassen Sie sich von unseren Elternberatern professionell beraten!

Was müssen Eltern von Zwillingen und anderen Mehrlingen, die bis einschließlich 31.12.2014 geboren wurden, beachten?

  • Für jedes Kind einer Mehrlingsgeburt können die Eltern zusammen 12 Monatsbeträge Elterngeld beantragen. Zwei zusätzliche Monatsbeträge werden gewährt, wenn wenigestens ein Elternteil auf einen Teil seines bisherigen Einkommens verzichtet. Maximal können Eltern von Mehrlingen also für jedes Ihrer Kinder 14 Monatsbeträge Elterngeld untereinander aufteilen.
  • Bei der Aufteilung der Bezugsmonate gilt weiterhin, dass ein Elternteil für ein Kind maximal 12 bzw. mindestens 2 Monatsbeträge Elterngeld beantragen darf.
  • Bezieht ein Elternteil zeitgleich für zwei oder mehr Mehrlingskinder Elterngeld, wird das Elterngeld für das älteste Mehrlingskind auf die Elterngeldansprüche des jüngeren Mehrlingskindes angerechnet. Das Elterngeld für das zweite (bzw. jedes weitere Kind einer Mehrlingsgeburt) wird dann nur noch in Höhe des Mindestbetrages zzgl. Mehrlingszuschlag ausgezahlt.
  • Lebensmonate der Kinder, in denen die Mutter Mutterschaftsgeld der gesetzlichen Krankenkassen und/oder Arbeitgeberzuschuss bzw. eine Fortzahlung beamtenrechtlicher Bezüge erhält, gelten als von ihr für Elterngeld verbraucht. Für jedes ihrer Mehrlingskinder muss die Mutter die entsprechenden ersten Lebensmonate für Elterngeld zwingend beantragen, da diese mit den erhaltenen Mutterschaftsleistungen verrechnet werden.

Die rückwirkende Antragstellung für zusätzliche Elterngeldbeträge war letztmalig bis einschließlich 31.12.2014 für Elterngeldbezugszeiträume ab Januar 2010 möglich!

Beispiel zur Zwillingsregelung

Elterngeldanspruch der Mutter aus Erwerbseinkommen 1200 Euro. Elterngeldanspruch des Vaters aus Erwerbseinkommen 1600 Euro. Da der Vater den höheren Elterngeldanspruch hat, möchte er für jedes seiner Kinder 12 Monatsbeträge Elterngeld in Anspruch nehmen.

Achtung: Da die Mutter nach der Geburt der Zwillinge Mutterschaftsgeld erhält, ist diese Aufteilung der Bezugsmonate nicht möglich!

Da die Kinder noch vor dem Beginn der Mutterschutzfrist als Frühchen zur Welt kamen, verlängert sich die gesetzliche Schutzfrist der Mutter bis in den 5. Lebensmonat der Kinder hinein. Entsprechend geht die Elterngeldstelle davon aus, dass die Mutter für jedes ihrer Kinder bereits 5 Monatsbeträge Elterngeld verbraucht hat!

Für den Vater der Zwillinge bleiben pro Kind nur noch maximal 9 Monatsbeträge Elterngeld zur Beantragung übrig. Was passiert, wenn der Vater nun tatsächlich jeweils für 9 Lebensmonate Elterngeld beantragt?

Kind Nr. 1 = das ältere Kind einer Mehrlingsgeburt, Kind Nr. 2 = der jüngere Mehrling.

Lebensmonat Mutter Vater
Kind Nr. 1 Kind Nr. 2 Kind Nr. 1 Kind Nr. 2
1 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld 1600 Euro + 300 Euro
2 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld 1600 Euro + 300 Euro
3 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld 1600 Euro + 300 Euro
4 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld 1600 Euro + 300 Euro
5 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld 1600 Euro + 300 Euro
6 1600 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
7 1600 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
8 1600 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
9 1600 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
10 1600 Euro + 300 Euro
11 1600 Euro + 300 Euro
12 1600 Euro + 300 Euro
13 1600 Euro + 300 Euro
14 1600 Euro + 300 Euro

In den Lebensmonaten 6 bis 9 beantragt der Vater Elterngeld zeitgleich für beide Kinder. Entsprechend erfolgt eine Anrechnung des Elterngeldes, welches er für den älteren Mehrling erhält. Für den jüngeren Mehrling bleiben nur 300 Euro zzgl. Mehrlingsbonus anrechnungsfrei.

Wie verteilen die Eltern in unserem Beispiel ihre Bezugsmonate besser?

Die Eltern beachten bei der Aufteilung der Bezugsmonate, dass es beim Vater nicht zu einem gleichzeitigen Elterngeldbezug für beide Kinder kommt. Entsprechend beantragt er nur für eines seiner Kinder 9 Monatsbeträge, für das andere Kind beantragt er 5 Monatsbeträge Elterngeld.

Die restlichen 4 Monatsbeträge nimmt die Mutter der Zwillinge im Anschluss an die Mutterschutzfrist in Anspruch. In Summe erhält die Familie so 3600 Euro mehr Elterngeld.

Lebensmonat Mutter Vater
Kind Nr. 1 Kind Nr. 2 Kind Nr. 1 Kind Nr. 2
1 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld 1600 Euro + 300 Euro
2 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld 1600 Euro + 300 Euro
3 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld 1600 Euro + 300 Euro
4 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld 1600 Euro + 300 Euro
5 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld 1600 Euro + 300 Euro
6 1200 Euro + 300 Euro 1600 Euro + 300 Euro
7 1200 Euro + 300 Euro 1600 Euro + 300 Euro
8 1200 Euro + 300 Euro 1600 Euro + 300 Euro
9 1200 Euro + 300 Euro 1600 Euro + 300 Euro
10 1600 Euro + 300 Euro
11 1600 Euro + 300 Euro
12 1600 Euro + 300 Euro
13 1600 Euro + 300 Euro
14 1600 Euro + 300 Euro

Welche Auswirkungen hat es, wenn der Vater von Zwillingen bzw. Mehrlingen nur im 13. und 14. Lebensmonat Elterngeld und Elternzeit beantragen möchte?

Elterngeldanspruch der Mutter 900 Euro. Elterngeldanspruch des Vaters 1600 Euro. Mutterschutz bis einschließlich 4. Lebensmonat der Kinder.

Auf Grund des gleichzeitigen Bezuges von Elterngeld für beide Kinder kommt es beim Elterngeld der Mutter zu Anrechnungen.

Da der Vater der Kinder bei seinem Arbeitgeber für zwei Lebensmonate Elternzeit beantragt hat, ist er ebenfalls gezwungen, Elterngeld für beide Kinder gleichzeitig zu beziehen. Entsprechend erhält er nur für ein Kind volles Elterngeld, für das andere den Mindestbetrag.

Lebensmonat Mutter Vater
Kind Nr. 1 Kind Nr. 2 Kind Nr. 1 Kind Nr. 2
1 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld
2 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld
3 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld
4 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld
5 900 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
6 900 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
7 900 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
8 900 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
9 900 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
10 900 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
11 900 Euro + 300 Euro
12 900 Euro + 300 Euro
13 900 Euro + 300 Euro 1600 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
14 900 Euro + 300 Euro 1600 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro

Nun entscheidet sich der Vater aus unserem Beispiel doch für eine viermonatige Elternzeit vom 11. bis 14. Lebensmonat der Zwillinge.

Welche Auswirkungen hat das auf die Gesamthöhe des Elterngeldes?

Durch die bessere Aufteilung der Bezugsmonate bekommt die Familie in Summe 3200 Euro Elterngeld mehr ausgezahlt.

Lebensmonat Mutter Vater
Kind Nr. 1 Kind Nr. 2 Kind Nr. 1 Kind Nr. 2
1 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld
2 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld
3 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld
4 Mutterschaftsgeld Mutterschaftsgeld
5 900 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
6 900 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
7 900 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
8 900 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
9 900 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
10 900 Euro + 300 Euro 300 Euro + 300 Euro
11 900 Euro + 300 Euro 1600 Euro + 300 Euro
12 900 Euro + 300 Euro 1600 Euro + 300 Euro
13 900 Euro + 300 Euro 1600 Euro + 300 Euro
14 900 Euro + 300 Euro 1600 Euro + 300 Euro

Autor: Michael Tell, Elterngeld.net

Erstellungsdatum: 01.10.2006
Letzte Änderung: 27.06.2023

Jetzt beraten lassen.
Zur Beratung wechselnZur Terminbuchung